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Schülerin der ungarischen Partnerschule macht Ausbildung in Deutschland mit Bravour

Viola Csösz berichtet von ihren Erfahrungen im Interview mit Klaus Schäfer, stv. Schulleiter der HOGA

Viola Csösz ist in Ungarn geboren und hat dort an der Széchenyi-István-Schule 2019 das Fachabitur Richtung Fremdenverkehr und Tourismus mit Auszeichnung absolviert. Von 2019 bis 2022 hat sie im Hotel Kesslermühle in Hinterzarten die Duale Berufsausbildung zur Hotelfachfrau mit Zusatzqualifikation Hotel- und Gastronomiemanagement hervorragend absolviert. In dieser Zeit hat sie auch die Landesberufsschule für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Villingen-Schwenningen besucht. Am Ende ihrer Schulzeit an der Landesberufsschule (30.05.2022) hat der stellvertretende Schulleiter, Klaus Schäfer, mit ihr ein Interview über ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Beweggründe geführt:

 

Warum machst du eine Berufsausbildung in Deutschland?

Das ist eine lange Geschichte, die schon im Deutschunterricht in der Grundschule angefangen hat. Ich habe immer gerne Deutsch gelernt, deshalb habe ich später auch eine Schule ausgesucht, in der der Schwerpunkt auf der deutschen Sprache lag. So bin ich in der Széchenyi-István-Fachmittelschule/Fachgymnasium gelandet, wo ich die Fachklasse für Fremdenverkehr und Tourismus fünf Jahre lang besucht habe. Hier sind viele Fächer auf Deutsch unterrichtet worden, so z.B. Korrespondenz, Kultur- und Religionsgeschichte, Zivilisation, Geographie, Marketing, Tourismus, Hotel und Gastronomie. Ich habe alle fünf Jahre mit ausgezeichnetem Schulzeugnis abgeschlossen und am Schulleben aktiv teilgenommen. Somit wurde ich mit dem Széchenyi-Preis nach dem Abitur ausgezeichnet.

Bei der Auswahl der weiterführenden Schule war für mich ein wichtiges Argument, dass die Széchenyi-István-Schule die Möglichkeit zum Sommerpraktikum in Deutschland angeboten und die Schulpartnerschaft mit der Landesberufsschule in Villingen hatte. Obwohl ich schon seit drei Jahren in Deutschland lebe, ist es für mich immer noch unglaublich, dass mein Traum wahr wurde und ich in Deutschland lernen und eine Berufsausbildung machen durfte.

Durch die Sommerpraktika bin ich der Gastronomie und dem Tourismus nähergekommen. Ich habe erkannt, dass ich mich sehr dafür interessiere. Und so habe ich die Möglichkeit wahrgenommen, an unserer Partnerschule in Villingen weiterzulernen und eine Berufsausbildung in Deutschland zu machen. Was mir besonders gefallen hat ist, dass ich hier neben der Schule auch arbeite und Geld verdienen kann.

 

Warum hast du eine Berufsausbildung in Deutschland einem Studium in Ungarn vorgezogen?

Ich wollte etwas anderes, Besonderes machen. Ich wollte ins Ausland gehen, nämlich nach Deutschland. Durch den Kontakt zur Partnerschule hatte ich diese Möglichkeit. Ich hatte unbedingt als Ziel, diese Berufsausbildung zu machen, weil die Zusatzqualifikation eine große Herausforderung für mich darstellte.

 

Was hat dich an der Zusatzqualifikation Hotel- und Gastronomiemanagement interessiert?

Ich bin eine Person, die immer Herausforderungen sucht. Je größer diese sind, desto eher entscheide ich mich dafür.

Im Sommer 2018 habe ich an einem Schüleraustauschprogramm teilgenommen. Dort habe ich Schüler einer Klasse Hotelfachleute mit Zusatzqualifikation kennengelernt, die gerade ihren Abschluss gemacht haben. Damals habe ich schon den Plan gefasst, dass ich dies auch machen möchte. Ich habe die Schüler nach ihren Erfahrungen gefragt und Tipps für geeignete Ausbildungsbetriebe gesammelt.

 

War es einfach, eine Ausbildungsstelle in Deutschland zu finden?

Ich habe es mir ehrlich gesagt einfacher vorgestellt. Man braucht schon Zeit dafür. Mir war klar, dass die Ausbildung drei Jahre dauert. Deshalb war mir vor der Entscheidung für einen Ausbildungsbetrieb wichtig, dass ich Informationen über das Betriebsklima, die Unternehmensphilosophie und die im Betrieb gelebten Werte sammle.

Mit dem Bewerbungsprozess habe ich im Januar 2019 angefangen. Nach ein paar Wochen wusste ich, welche Betriebe ich mir persönlich beim Probearbeiten anschauen möchte. Ich habe für diese „Schnuppertage“ und die Vorstellungsgespräche meine Fragen gesammelt, z.B. zu Mitarbeiterwohnung, Personalessen, Benefits, welche betrieblichen Abteilungen, wie weit ist die Berufsschule entfernt, wo ist der nächste Flughafen, interne Regelung zu Trinkgeld, …

Nach dem Probearbeiten in drei Betrieben war dann klar, in welches Team ich am besten reinpasse. So habe ich das Hotel Kesslermühle in Hinterzarten als meinen Ausbildungsbetrieb gefunden, wo ich seitdem auch glücklich bin.

 

Welcher Bereich hat dir bei der Ausbildung im Betrieb am besten gefallen?

Am meisten war ich im Service und an der Rezeption. Oft habe ich morgens an der Rezeption angefangen, habe die neuen Anreisen empfangen, begrüßt und aufs Zimmer begleitet. Beim Abendessen habe ich diese Gäste bedient. Die Arbeit war aufgrund dieser Abwechslung nie langweilig. Die Zusammenarbeit der Abteilungen hat auch immer hervorragend funktioniert.

 

 

Hast du dich bei der Arbeit und beim Lernen im Betrieb schwergetan?

Mit dem Lernen hatte ich keine Probleme. In den Sommerpraktika hatte ich ja schon in der Gastronomie gearbeitet. Man musste mir im Service alles nur noch ein Mal zeigen, danach wusste ich, wie es geht. Die Rezeption war für mich komplett neu, das habe ich vorher noch nie gehabt. Aber mit der Zeit kommt die Routine.

Mit der deutschen Sprache hatte ich im Betrieb auch nie Probleme. Durch die drei Sommerpraktika in Deutschland habe ich schon gut Deutsch gesprochen. Schließlich habe ich während dieser drei Praktika verschiedene Regionen und ihre Dialekte kennengelernt. So kam ich mit der deutschen Sprache auch sehr schnell im Betrieb klar.

 

Und wie war es mit dem Lernen in der Berufsschule?

Das Lernen in der Berufsschule war nicht immer einfach. Es kam mir jedoch zugute, dass ich in Ungarn a schon viele Fächer auf Deutsch gelernt hatte. Dieses Wissen konnte ich teilweise auch in Villingen nutzen. Zum Beispiel hatte meine alten Marketinghafte dabei. Dort habe ich manchmal nachgelesen. Nach dem Unterricht habe ich für mich neue Wörter zuerst einmal übersetzt, bevor ich den Stoff verstehen und lernen konnte. Aber ich finde sowas absolut in Ordnung, so lernt man jeden Tag etwas Neues und der Sprachschatz verbessert sich.

Schwer empfand ich, zwei zusätzliche für mich neue Fremdsprachen, Französisch und Spanisch, zu lernen. Ich habe die Wörter oft zuerst ins Ungarische und dann erst ins Deutsche übersetzt.

Auch schwer war für mich zu akzeptieren, dass ich in Ungarn mit wenig Zeit- und Lernaufwand die Klassenbeste war. Hier habe ich das leider nie erreicht. Das ist aber nicht schlimm, schließlich war ich die einzige Ausländerin in meiner ZQ-Klasse und habe trotzdem sehr gute Leistungen geschafft.

 

Würdest du die Berufsausbildung wieder machen?

Ja, ich würde mich wieder so entscheiden. Ich empfehle allen, die Abitur haben und engagiert sind, den Beruf Hotelfachmann/-frau mit Zusatzqualifikation Hotel- und Gastronomiemanagement zu machen. Man hat mehr vom Beruf, bekommt mehr berufsbezogenen Input und Impulse für den Weg nach der Ausbildung.

Mir hat zum Beispiel das Fach Buchführung echt Spaß gemacht. Früher war mein Lieblingsfach Mathe, vielleicht hängt es damit zusammen J. Ohne die Zusatzqualifikation hätte ich das nicht gelernt.

 

Wie gefällt es dir in Deutschland?

Die wunderschöne Landschaft, die gute Luft, die zahlreichen Wanderwege sind Dinge, die ich sehr schätze, seit ich im Schwarzwald lebe. Ich kann mir inzwischen schwer ein Leben in einer Großstadt vorstellen. Mit gefällt die deutsche Mentalität, dass die Leute großen Wert auf Reisen und Erlebnisse legen, dass die Jugendlichen engagiert sind, dass die Berufe in Deutschland wertgeschätzt werden. Man braucht nicht unbedingt viele Zertifikate, um sich durchsetzen zu können.

Mittlerweile ist mein Freund auch nach Deutschland gezogen. Zunächst planen wir in Deutschland zu bleiben. Aber wir sind noch jung und offen für die Welt.

 

Würdest du den Schülern deiner ungarischen Schule eine Berufsausbildung (in Deutschland) empfehlen?

Ich würde meinen Ausbildungsbetrieb auf jeden Fall weiterempfehlen. An mich können sich die Schüler jederzeit wenden, wenn sie die Ausbildung in Deutschland planen. Ich werde ihre Fragen gerne beantworten.

Es war auch geplant, dass ich an der Széchenyi-István-Schule von meinen Erfahrungen aus der deutschen dualen Hotelfachausbildung berichte.

 

Hast du gute Freunde in Deutschland gefunden?

Ja, ich habe nette Leute kennengelernt. Ich mag die Zusammenarbeit mit meinen Kollegen sehr. Aber ich freue mich auch, dass ich meine alten Freundschaften trotz der Entfernung pflegen konnte.

 

Was hast du nach der Ausbildung vor?

Erstmal bleibe ich im meinem Ausbildungsbetrieb. Ich möchte weiterhin am Empfang und im Service tätig sein. Diese Abwechslung motiviert mich, so bleibe ich engagiert.

Ich mache jetzt noch den Führerschein und genieße mal mein Leben ohne Lernen und Schule. Vielleicht mache ich später noch ein Studium oder ich mache noch eine andere Ausbildung oder ich arbeite in der Veranstaltungsabteilung eines Stadthotels. Mal schauen, wo es mich hinschlägt.